Mit dem Krimi „Der Name der Rose“ geht das Pfalztheater ins Finale der Spielzeit 2023/24 - und das gleich zu Beginn des Zieleinlaufs mit einer tollen und absolut sehenswerten szenischen Lesung des bekannten Romas. Das Must-see des Sommers 2024!
Der Chor der Marienkirche Kaiserslautern: Passender kann die Kulisse für die Geschichte des Romans „Der Name der Rose“ nicht sein. Das Große Haus und der Zuschauerraum im Pfalztheater werden gerade saniert. Die Not zur Chance gemacht, hat man sehr illustre Ausweichspielstätten gefunden, darunter die Marienkirche. Alleine diese Kulisse und der Klang des hohen Raumes steigern die Vorfreude auf das Stück.
Und dann geht es los. Anno Domini 1327: Der Franziskanermönch William von Baskerville gelangt gemeinsam mit seinem Adlatus und Schüler Adson von Melk in eine norditalienische Benediktinerabtei. Der gewaltsame Tod des Bruders Adelmus hat den Abt dieses Klosters in große Unruhe versetzt. Außerdem steht der Abtei ein wichtiger Besuch bevor: Delegationen des Franziskanerordens und des Papstes wollen über Glaubensfragen diskutieren, die sich um die Armut Christi drehen. Mit an Bord ist Williams Erzfeind: der Großinquisitor Bernard Gui. Dennoch versucht William, zusammen mit Adson den Tod von Adelmus aufzuklären. Als sich weitere mysteriöse Mordfälle ereignen, setzt der Franziskanermönch seine ganzen Fähigkeiten eines gewitzten Zeichendeuters und Spurensuchers ein, um auf diese Weise das dunkle Geheimnis des Benediktinerklosters zu enträtseln …
Die Lesung ist kurzweilig und sehr unterhaltsam, mal abgesehen von der grandiosen Leistung der Schauspieler, die insgesamt 16 Rollen verkörpern. Henning Kohne und Dennis Bodenbinder sind ein perfekt besetztes Ermittlerteam. Der „alte Hase“ und der „Neuling“ am Pfalztheater machen die Lesung spannend, man klebt förmlich an ihren Lippen und folgt gespannt an jeden Tatort.
Und das Publikum sitzt mitten im Geschehen. Trotz der minimalen Ausstattung in der Kirche schaffen es die vier Akteure, das Kloster räumlich in den Köpfen des Publikums entstehen zu lassen. Sie klettern dabei auch mal über die Stühle und Tische, und unter den Tischen hindurch, um durch das nahezu unzugängliche Labyrinth in die Geheimkammer der Klosterbibliothek zu gelangen.
Im Zuge der Aufklärung der mysteriösen Todesfälle befragen die beiden Protagonisten alle, die sich in der Abtei aufhalten: Abbo von Fossanova (Leiter der Benediktinerabtei), Ubertin von Casale (Ein Mystiker und Vertrauter von William), Jorge von Burgos (blinder Mönch), den Greis Alinardus von Grottaferrata, den einfachen Handwerker Nicolas von Morimond und treffen dabei auch auf den Großinquisor Bernard Gui. Alle Rollen spielt Martin Schultz-Coulon so treffend, mystisch und geheimnisvoll, dass es einen hier und da schon schaudert, wenn er durch das Publikum läuft.
Und dann ist da der junge Schauspieler Marius Petrenz, der seit dieser Spielzeit neu am Pfalztheater ist. Was er mimisch und darstellerisch bietet, ist grandios. Vom Kellermeister Cellerar Remigius, dem monsterähnlicher Mönch Salvatore, dem Kräuter- und Giftforscher Severin von St. Emmeram, dem Bibliothekar Malachias von Hildesheim, dem Übersetzer aus dem Griechischen und Verehrer des Aristoteles Venantius von Salvemec, einem namenlosen Mädchen bis hin zu Berengar von Arundel, dem Adlatus des Bibliothekars und Benno von Uppsala, einem Skandinavier, der sich mit Rhetorik und Grammatik beschäftigt spielt, nein ist der junge Mann jede einzelne Rolle, und er ist gefühlt immer auf den Beinen, sprich im Kloster unterwegs. Ob mit Berliner Dialekt, verzerrtem Gesicht oder ernst – der Mime haucht jeder Rolle Leben ein. Die Lacher hat er auf seiner Seite als Benno, der in der Klosterhektik immer Probleme mit einer gutsitzenden Frisur hat. Köstlich. Er sorgt übrigens auch am Schlagzeug für die Musik.
Wer anfänglich denkt, eine zweieinhalbstündige Lesung (mit Pause) wird tröge, wird eines viel Schöneren belehrt. Diese Lesung ist mehr als nur Text. Sie ist eine spannende, unterhaltsame und kurzweilige Interpretation des 680 Seiten dicken Romans, der im Original viele Seitenstränge und Nebengeschichten erzählt. Victor Pohl (Szenische Einrichtung) hat sich auf den Teil der Poetik des Aristoteles und die Komödie fokussiert. Wunderbar! Eine Klasse Idee und ein Must-see zum Ende der Saison.
Vier Spieltermine gibt es noch! Karten gibt es hier.
Fotos Kirche und Premiere: Petra Rödler
Szenenfotos: Pfalztheater
Juni 2024